Landgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
ln dem Rechtsstreit
des Herrn xxx
Klägers,
Prozessbevollmächtigte; Rechtsanwälte xxx,
gegen
XXX,
Beklagte,
Prozeesbevollmöchtigte: Rechtsanwälte xxx
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn
auf die mündliche Verhandlung vom 18.02.2014
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx, die
Richterin am Landgericht
xxx und den Richter xxx
für Recht erkannt;
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.320,77 EUR
nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem
18.05,2013 zu zahlen, Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des Jeweils zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rückzahlung einer Anleihe nach erklärter
außerordentlicher Kündigung.
Am 29,01.2010 erwarb der Kläger über die xxx eine
Inhaberschuldverschreibung im
Nominalwert von 40.000 EUR (im Folgenden „Klägeranleihe“).
Die Klägeranleihe war
mit 0.125% p.a., nachträglich zahlbar am 21.01. eines jeden
Jahres, verzinst Sie
hatte eine feste Laufzeit bis zum 21.01.2017. Gleichzeitig
mit der Klägeranleihe wur>
den von der Beklagten weitere Inhaberechuldverschrelbungen
Im Gesamtvolumen
von 400.000.000 EUR auf der Grundlage einheitlicher
Anleihebedingungen, die als
Anlage K 1 und B1 zur Akte gereicht wurden (im Folgenden
„Anleihebedingungen"),
ausgegeben.
Gemäß § 9 der Anleihebedingungen war der Inhaber (u.a.) dann
berechtigt, die Anleihe
außerordentlich zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung
zu ihrem Nennbetrag
zuzüglich etwaiger aufgelaufener Zinsen zu verlangen, falls:
„Ein Gericht ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin
eröffnet oder die Em'rttentin
ein solches Verfahren einleitet oder beantragt oder eine
allgemeine Schuldenregelung
zu Gunsten ihrer Gläubiger anbietet oder trifft oder ein
Dritter ein Insolvenzverfahren
gegen die Emittentin beantragt und ein solches Verfahrens
nicht innerhalb
einer Frist von 60 Tagen aufgehoben oder ausgesetzt wird.“
Gemäß § 1 Abs. 7 der Anleihebedingungen Wurde Annex 2 des
Emissions- und
Zahlstellenvertrags vom 19. Januar 2010 („Annex 2") in
die Anleihebedingungen einbezogen.
Annex 2 enthält Verfahrensregelungen, die im Wesentlichen
dem Schuldverschreibungsgesetz
(„SchVG") nachgebildet sind. In § 11 Abs. 1 der
Anleihebedingungen
wurden Mehrheitsbeschlüsse über alle gesetzlich zugelassenen
Beschlussgegenstände
eingeführt, die gemäß § 11 Abs. 2 für alle Gläubiger
gleichermaßen
verbindlich sind. Gemäß § 11 Abs. 3 der Anleihebedingungen
bedurften solche Beschlüsse
grundsätzlich einer Mehrheit von 75% der teilnehmenden
Stimmrechte.
Am 24.01.2013 gab die Beklagte in einer Ad-hoc Mitteilung
bekannt, dass wegen
wettbewerbswidriger Marktbedingungen gravierende Einschnitte
bei den Verbindlichkeiten
der Gesellschaft, insbesondere bei den ausgegeben Anleihen
(neben der
Schuldverschreibung, zu der die Klägeranleihe gehörte, hatte
die Beklagte 2011
noch eine weitere Anleihe über 150.000.000 EUR begeben),
erforderlich würden,
dass aber eine übenwiegende Wahrscheinlichkeit dafür
bestehe, dass die erforderlichen
finanzwirtschaftlichen Restrukturierungen und notwendigen
Maßnahmen operativer
Art umgesetzt werden können und somit eine positive Fortführungsprognose
bestehe.
Am 17.04,2013 machte der Vorstand die Mitteilung, dass ein
Verlust des halben
Grundkapitals eingetreten sel.
In einer weiteren Ad-hoc Mitteilung vom 30.04.2013 gab die
Beklagte bekannt, dass
mit wesentlichen Schuldscheingläubigern eine vorläufige
Einigung über die Restrukturierung
der Finanzverbindllchkeiten erzielt worden sei und dass
beabsichtigt würde,
ca. 60 % der Finanzverbindlichkeiten in Eigenkapital
umzuwandeln.
Mit Anwaltsschreiben vom 10.05.2013 kündigte der Kläger die
Klägeranleihe außer»
ordentlich aus wichtigem Grund und verlangte Anerkennung der
Rückzahlungspfiicht
der Anleihesumme zzgl. Zinsen Innerhalb einer Frist von 3
Wochen sowie unverzügliche
Zahlung des Rückzahlungsbetrags. Mit Schreiben vom
17.05.2013 wies der
Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Forderung zurück.
Am 20.06.2013 machte die Beklagte im Bundesanzeiger die
Einberufung der Anleiheglaublgervetsammlung,
in der über das Restrukturierungskonzept abgestimmt
werden sollte, bekannt. Die einberufene Gläubigerversammlung
erreichte jedoch
nicht das für die Beschlussfähigkeit erforderliche Quorum.
Am 12.07.2013 wurde die
Einberufung zur zweiten Gläubigerversammlung im
Bundesanzeiger bekannt gemacht.
Am 06.08.2013 stimmten die Anleihegläubiger in der zweiten Versammlung
mit dem erforderlichen Quorum dem Restrukturierungskonzept,
nach welchem sämtliche
Anleihen dieser Tranche, und somit auch die Klägeranleihe,
in Erwerbsrechte
bezüglich von Anleihen mit reduziertem Nennwert sowie
bezüglich von neuen Aktien
an der Beklagten umgetauscht werden sollten, mit 99,8% der
teilnehmenden Stimmen
zu. Des Weiteren wurde auf die Ausübung von
Kündigungsrechten bis zum
31.12.2014 verzichtet
Die Hauptversammlung der Beklagten hat am 14.10.2013 die
Einbringung von Teilen
der Anleiheforderungen gegen die Ausgabe von neuen Aktien im
Wege der Sachkapitalerhöhung
beschlossen.
Mit Beschluss vom 13.01.2014 hat das OLG Köln den Vollzug
des Beschlusses der
Gläubigerversammlung trotz anhängiger Anfechtungs- und
Nichtigkeitsklagen gemäß
§ 246a AktG freigegeben.
Am 31.01.2014 sind die Schuldverschreibungen der Anleihe,
einschließlich der Klägeranleihe,
in Vollziehung des Beschlusses der Gläubigerversammlung auf
die xxx
übertragen worden. Mit Eirtbringungs- und Erlassvertrag vqm
14.02,2014 hat die xxx
die Anleihe im Wege des Erlasses unter der aufschiebenden
Bedingung der Eintragung
der Kapitalerhöhung in das Eigenkapital der Klägerin
eingebracht. Die Kapitalerhöhung
ist am 24.02.2014 in das Handelsregister der Klägerin
eingetragen worden.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Vorlage des
Restrukturierungskonzepts durch die
Beklagte als das Angebot, einer allgemeinen Schuldenregelung
i.S.d. § 9 der Anleihebedingungen
anzusehen sei, so dass ein außerordentliches Kündigungsrecht
bestanden
habe. Jedenfalls habe ein wichtiger Grund gemäß § 314 BGB
Vorgelegen.
Die erfolgte Umsetzung des Restmkturierungskonzepts
bestreitet der Kläger mit
Nichtwissen, Der Kläger ist außerdem der Ansicht, dass die
zwischenzeitliche Umsetzung
des durch die Gläubigerversammlung beschlossenen
Restrukturierungskonzept
sich auf den aufgrund der erklärten Kündigung der Anleihe
entstandenen Rückzahlungsanspruch
nicht auewirke, well die Beklagte sich gemäß § 242 BGB auf
den
Umtausch der Anleihe nicht berufen dürfe. Jedenfalls
bestünde der Anspruch als
Schadensersatzanspruch fort
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 41.320,77 EUR
nebst 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit
dem 10.05.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des
Landgerichts Bonn.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe seine
Aktivlegitimation jedenfalls durch
Umsetzung der Beschlüsse der Gläubigerversammlung verloren.
Seine Schuldverschreibung
existiere nicht mehr.
Die Beklagte ist außerdem der Ansicht, aus dem
systematischen Zusammenhang
ergebe sich, dass mit allgemeine Schuldenregelungen i.S.d. §
9 der Anleihebedingungen
nur staatliche insolvenzähnliche Verfahren zur
Reorganisation gemeint seien.
Die Restrukturierung stelle auch Keinen wichtigen Grund
¡.S.d. § 314 BGB dar.
Die Kündigung sei, das Bestehen eines Kündigungsrechts
unterstell, außerdem
treuwidrig. Den Anleihegläubiger treffe aus dem SchVG ©ine
Treuepflicht, die es ihm
verbiete, sich entgegen der Interessen der
Gläubigergemeinschaft einen individuellen
Vorteil zu verschaffen.
Ferner ist die Beklagte der Ansicht, dass, da die
Gläubigerversammlung mit einfacher
Mehrheit gemäß § 5 Abs. 2 SchVG die Unwirksamkeit einer
Gesamtkündigung
beschließen könne, ein kollektiv beschlossener
Kündigungsverzicht auch dazu führen
müsse, dass einer vorher bereits erklärten
Individualkündigung die Grundlage
entzogen würde.
Zur Ergänzung des Tatbestands wind auf die Schriftsätze des
Klägers vom
05.08.2013, vom 11.12.2013 und vom 04.03.2014 sowie der
Beklagten vom
08.10.2013, vom 18.02.2014, bei Gericht am 10.03.2014
undatiert eingegangen, und
vom 17.03.2014, jeweils mit den zugehörigen Anlagen, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und - mit Ausnahme eines Teils der
Zinsforderung - begründet.
i.
Das Landgericht Bonn ist örtlich zuständig. Der allgemeine
Gerichtsstand der Beklagten
(§ 17 ZPO) ist in Bonn. Die GerichtStandvereinbarung in § 15
Abs. 2 der Anleihebedingungen
begründet nach ihrem Wortlaut keinen ausschließlichen
Gerichtsstand,
und da der Kläger kein Kaufmann ist, wäre gemäß § 38 Abs. 3
ZPO eine im Vorhinein
mit dem Kläger vereinbarte Gerichtsstandvereinbarung ohnehin
nicht zulässig.
II
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung
von 41.320,77 EUR
aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 Abs. 1 S.1, 287 S. 2 BGB.
Höhe aus einer Anleihe gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser
Anspruch ist infolge
der Durchführung des Beschlusses der Gläubigerversammlung zu
einem Zeitpunkt,
in welchem die Beklagte mit der Rückzahlungsverpflichtung in
Verzug war, wegen
Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs.1 BGB untergegangen.
1
Der Kläger hat die Anleihe mit Schreiben vom 10.09,2010
wirksam außerordentlich
gekündigt.
a)
Ein Kündigungsrecht bestand gemäß § 9 Abs. 1 e) der
Anleihebedingungen. Die Bet
klagte hat i.S.d. § 9 d Abs. 1 e) eine allgemeine
Schuldenregelung zugunsten Ihrer
Gläubiger angeboten.
Was genau mit einer „allgemeinen Schuldenregelung zugunsten
der Gläubiger“ gemeint
ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Diese Unklarheit
geht gemäß § 305c
Abs. 2 BGB zulasten der Beklagten. Bei den
Anleihebedingungen handelt es sich um
allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 BGB, weil die
Beklagte sie für eine
Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen, nämlich den
Verträgen mit sämtlichen
Anleihegläubigern, vorformuliert hatte.
Die Ankündigung eines Restrukturierungskonzepte, bei dem
Anleiheforderungen in
Eigenkapital umgewandelt werden, kann unschwer als Angebot
einer Schuldenregelung
bezeichnet werden, weil der Begriff ''Schuldenregelung"
sehr unbestimmt ist.
Zweifelhaft erscheint es sprachlich nur, ob diese mit dem
Restrukturierungskonzept
durch die Beklagte vorgeachlagene Schuldenregelung als
„allgemein“ und als „zugunsten
Ihrer Gläubiger" bezeichnet werden kann. Ein Blick in
die unmittelbar neben
der deutschen Fassung abgedruckte englische Fassung der
Anleihebedingungen
legt es durchaus nahe, dass diese Auslegung tatsächlich der
Intention des Verwenders
entspricht. In der englischen Fassung heißt es: „öfters $n
Arrangement for
the benefit of its credltors g e n e ra llyGemeint ist also,
dass ein „Arrangement zum
Wohle der Gläubiger im Allgemeinen angeboten wird. Da die
englische Fassung gemäß
§ 16 der Anlelhebedingungen unverbindlich ist, bedarf es
keiner Analyse, inwiefern
ein Beschluss der Gläubigerverssammlung nach SchVG mit einem
,Arrangement“
im anglo-amerikanischen Rechtsverständnls vergleichbar ist.
Entscheidend ist
aus Sicht der Kammer, dass in den Anleihebedingungen ein
Kündigungsrecht für den
Fall vorgesehen wurde, dass von Seiten der Beklagten die
Initiative zu einer allgemeinen
Schuldenregelung ergriffen wird, die - in irgendeiner Art
und Weis® - den
Gläubigem zugutekommt. Da in den Angebotsbedingungen von
einem .Angebot“ die
Rede ist, kann es auch nicht darauf ankommen, ob die
Gläubiger zu der Annahme
dieses Restrukturierungskonzepts gezwungen werden können.
Die Beklagte hatte im vorliegenden Fall ein generelles
Restrukturierungskonzept vorgelegt,
das erforderlich war, um eine positive Fortführungsprognose
stellen zu können.
Für die Anleihegläubiger, die die wesentlichen
Fremdkapitalgeber waren, handelte
es sich dabei um eine allgemeine Regelung. Da durch diese
Maßnahme der
FSchuldenregelung zumindest in gewisser Weise auch zugunsten
der Gläubiger insgesamt
getroffen werden sollte.
Aus der Überschrift „Insolvenz o.ä.“ ist aus Sicht der
Kammer nicht abzuleiten, dass
diese Kündigungsregelung nur im Falle von
insolvenzähnlichen, sämtliche Gläubiger
einbeziehenden staatlichen Verfahren anwendbar sein soll
(dagegen LG Frankfurt,
Urteil vom 22.01.2014 - 2-17 O 1 p4/13 - nicht
veröffentlicht). Ein überhaupt erst
nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entstehendes
Kündigungsrecht wäre wirtschaftlich
völlig sinnlos. Eine Maßnahme, mit der die Schuldnerin zur
Abwendung
einer Insolvenz die wesentlichen Gläubigergruppen dazu
aufruft, per Mehrheitsbeschluss
auf Teile Ihrer Forderung zu verzichten, Kann außerdem nach
Meinung der
Kammer durchaus als ein insolvenznahes Verfahren betrachtet
werden. Ein solcher
Verzicht erfolgt niemals wirklich freiwillig. Gläubiger, die
dem Verzicht zustimmen,
werden dies nur unter dem Eindruck des anderenfalls
drohenden Insolvenzverfahrens
tun.
b)
Neben dem Kündigungsrecht gemäß der Anleihebedingungen
bestand ein Kündigungsrecht
außerdem, wie das LG Köln (Urteile vom 26,01.2012-30 O
13/11, 30 O
14/11, 30 0 63/11 - die letztgenannte Entscheidung
veröffentlich In BB 2012, 1821)
in ähnlichen Verfahren zutreffend ausgeführt hat, auch gemäß
§ 314 BGB (dagegen
LG Frankfurt, Urteil vom 22.01.2014 - 2-17 O 104/13;
Trautrlms, BB 2012,1823ff.).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Anwendbarkeit des
§ 314 BGB im vorliegenden
Fall nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil - anders als
in den vom LG
Köln (a.a.O.) entschiedenen Fällen - in den
Anleihebedingungen ein Katalog von
Kündigungsrechten vereinbart war. Das Recht zur Kündigung
aus wichtigem Grund
kann (über die Regelung des § 5 Abs. 5 SchVG hinaus, auf die
näher unter 2.b) eingegangen
wird) nicht wirksam in den Anleihebedingungen beschränkt
werden (vgl.
Horn, BKR 2009, 440,450). Es kann deshalb auch nicht
angenommen werden, dass
die Anleihebedingungen im vorliegenden Fall eine solche
Beschränkung beabsichtigt
haben.
2.
Die Ausübung des Kündigungsrechts verstößt auch nicht gegen
§ 242 BGB.
a)
Anders als unter Gesellschaftern, existieren unter
Gläubigern keine Treuepflichten
(LG Köln, a.a.O.; kritisch Paulus, WM 2012, 1109, 1111). Das
SchVG schafft eine
gesetzliche Grundlage dafür, Gläubiger einer Anleihe
Mehrheitsbeschlüssen unterwerfen
zu können. Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nicht
als gesetzliche
Wertentscheidung dahingehend verstanden werden, dass
Anleihegläubiger
grundsätzlich verpflichtet sind, im Falle von finanziellen
Schwierigkeiten des Schuldners
die Restrukturierung gemeinsam loyal zu tragen (anders wohl
Paulus, WM
2012, 11O0ff.).ortbestand der Beklagten gesichert werden
sollte, lässt sich auch sagen, dass diese
b)
Aus der Regelung des § 5 Abs. 5 SchVG ergibt sich nach Meinung
der Kammer hingegen
ein starkes systematisches Argument dafür, dass die
Einzelkündigung des
Gläubigers grundsätzlich zulässig bleibt. Die in § 5 Abs. 5
SchVG vorgesehene Möglichkeit,
die Kündigung in den Anleihebedingungen dahingehend zu
beschränken,
dass diese nur einheitlich durch eine gemeinsame Erklärung
von mehreren Schuldverschreibungsgläubigern
(allerdings maximal 25%) ausgeübt werden kann, setzt
voraus, dass die Einzelkündigung ohne eine solche
Beschränkung zulässig bleibt.
Sofern die §§ 5 bis 21 des SchVG in den Anleihebedingungen
für anwendbar erklärt
werden, kann von ihnen auch nicht zum Nachteil der Gläubiger
abgewichen werden.
Die einzige zulässige Beschränkung des Kündiggngsrechts der
Anleihegläubiger
ergibt sich demnach aus § 5 Abs. 5 SchVG. Da von dieser
Beschränkung im vorliegenden
Fall kein Gebrauch gemacht wurde, stand es dem Kläger frei,
die Kündigung
aus wichtigem Grund zu erklären und darauf zu hoffen, auf
diese Weise mehr zurückzuerhalten
als nach einer Durchführung des Restrukturierungskonzepts
erwarten
durfte.
c)
Der Kündigung des Klägers wurde auch nicht die Grundlage
dadurch entzogen, dass
nach der Kündigung durch die Gläubigerversammlung kollektiv
ein Kündigungsverzicht
beschlossen wurde. Anstatt, wie die Beklagte es vertritt,
aus § 5 Abs. 5 SchVG
den Schluss zu ziehen, dass, wenn die Gläubigermehrheit
sogar die Wirkung einer
erklärten „Ge&amtkündigung“ aufheben kann, dies für eine
einzelne Kündigung erst
Recht gelten müsse (ähnlich auch Paulus, WM 2012, 1109,
1112), hält die Kammer
den zuvor unter b) ausgeführten Umkehrschluss für viel
naheliegender. Die Gläubigerversammlung
kann nur beschließen, wozu sie gemäß §§ 5ff. SchVG bzw.
(zulässigerweise)
in den Anlelhebedingungen ermächtigt wurde. Für die
Aufhebung der
Wirkung einer Einzelkündigung fehlt es an einer
Rechtsgrundlage.
d>
Auch das von Beklagtenseite angeführte Argument, einzelne
Gläubiger würden sich
durch die Kündigungsmöglichkeit ggf. einen Sondervorteil
verschaffen, greift nach
Ansicht der Kammer nicht durch. Es steht - in Ermangelung
anderslautender Regelungen
- sämtlichen Gläubigern das Recht zu, die Anleihe zu
kündigen. Führt dies zu
einer Insolvenz der Schuldnerin, stellen
Insolvenzvorschriften und insbesondere Anfechtungsvorschriften
sicher, dass eine Gleichbehandlung der Gläubiger gewahrt
bleibt. Es liegt somit In der Hand der Gläubiger, ob sie das
Restrukturierungskonzept
mittragen oder über das Schicksal der Schuldnerin „mit den
Füßen" abstimmen wollen.
Der Emittent, der sich in eine finanzielle Schieflage gewirtschaftet
hat, kann hingegen
nicht unter Berufung auf § 242 BGB Schutz seiner
außergerichtlichen Sanierungsbemühungen
verlangen, wenn es dafür keine ausdrückliche gesetzliche
oder
vertragliche Grundlage gibt.
3.
Der Rückzahlungsanspruch aus der Klägeranleihe ist durch
Einbringung der Klägeranleihe
in das Vermögen der Beklagten jedoch gemäß § 275 BGB
untergegangen.
Die Klägeranleihe existiert nicht mehr.
a)
Gemäß § 5 .Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 SchVG i.V.m, § 11 Abs. 1 und
2 der Anleihebedingungen
kann die Gläubigerversammlung mit Mehrheitsbeschluss für
alle Gläubiger
derselben Anleihe verbindlich einen Umtausch der
Schuldverschreibungen beschließ
ßen Ein solcher Beschluss ist am 06.08.2013 wirksam zustande
gekommen. Die
gemäß § 11 Abs. 3 der Anleihebedingungen erforderliche
Mehrheit von 75% der teilnehmenden
Stimmrechte wurde erreicht.
Der Kläger war auch Inhaber einer von diesem
Mehrheitsbeschluss betroffenen Anleihe,
Durch die Kündigung ist das entsprechende Rechtsverhältnis
zwischen dem
Kläger und der Beklagten nicht unmittelbar erloschen. Die
Klägeranleihe war, Im Gegensatz
zu den nicht außerordentlich gekündigten Anleihen, lediglich
sofort zur
Rückzahlung fällig, Die Regelungen des SchVG bleiben jedoch
nach zutreffender
Ansicht anwendbar, wenn die Laufzeit der individuellen
Anleihe durch Kündigung
vorzeitig beendet wurde, jedenfalls solange die Rückzahlung
noch nicht erfolgt ist
(vgl. Horn, BKR 2009, 446, 448),
b)
Der Beschluss war auch nicht nichtig. Es ist davon
auszugehen, dass Beschlüsse
der Gläubigerversammlung, die an schweren und offenkundigen
Mängeln leiten, ohne
Weiteres nichtig sind (vgl. Maier-Reimer, NJW
2010,1317,1319; Podewils, DStR
2009, 1914, 1918). Ein solcher schwerwiegender
Beschlussmangel ist jedoch nicht
ersichtlich. Daher kann dahinstehen, ob der Beschluss,
nachdem er mittlerweile aufgrund
der Freigabe durch das OLG Köln umgesetzt wurde, überhaupt
noch rückgängig
gemacht werden könnte.
c)
Das Bestreiten der Durchführung des Beschlusses der
Gläubigerversammlung durch
den Kläger mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht
zulässig. Zumindest
das Ergebnis der Durchführung war Gegenstand seiner eigenen
Wahrnehmung.
Nach seinem eigenen Vortrag wurden Ihm im Austausch für die
Klägeranleihe Erwerbsrechte
gutgeschrieben.
d) • .
Die Beklagte ist, entgegen der Ansicht des Klägers, auch
nicht gemäß § 242 BGB
daran gehindert, sich auf den zwischenzeitlich erfolgten
Umtausch der Klägeranleihe
zu berufen.
Die Beklagte macht nicht, wie der Kläger meint, gemäß § 797
BGB den formalen
Einwand geltend, dass der Kläger die über die Klägeranleihe
ausgestellte Urkunde
nicht mehr Zug-um-Zug gegen Zahlung aushändigen könne.
Vielmehr beruft die Beklägte
sich zutreffend darauf, dass die Klägeranleihe, wie alle
Anleihen dieser
Schuldverschreibung, nach dem Vollzug des Beschlusses der
Gläubigerversammlung
nicht mehr existiert
4.
Zu dem Zeitpunkt der Einbringung der Klägeranleihe in das
Vermögen der Beklagten,
durch welche die Rückzahlung an den Kläger unmöglich wurde,
befand die Beklagte
sich gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB allerdings in Verzug, weil
die Beklagte mit
Schreiben vom 17.05.2013 die Rückzahlung ernsthaft und
endgültig verweigert hatte.
Anhaltspunkte für ein fehlendes Vertretenmüssen der
Beklagten sind nicht ersichtlich.
5.
Durch die Unmöglichkeit der Rückzahlung ist dem Kläger ein
Schaden in Höhe der
Klageforderung entstanden. Darauf, dass in der durch das OLG
Köln freigegebenen
Durchführung des Beschlusses der Gläubigerversammlung kein
Verschulden der
Beklagten gesehen werden kann, kommt es nicht an, well gemäß
§ 287 S. 2 BGB die
Beklagte auch für den zufälligen Untergang haftete.
Der Umstand, dass dem Kläger im Gegenzug für die verlorene
Klägeranleihe Erwerbsrechte
zugeschrieben wurden, mindert den Schaden nicht, da der
Kläger der
Beklagten die Übertragung dieser Rechte angeboten hat Der
Kläger muss sich nicht
darauf einlassen, die Erwerbsrechte zu behalten und nur -
gegebenenfalls - die
Wertdifferenz zu seinem erloschenen Rückzahlungsanspruch als
Schaden geltend
zu machen.
6.
Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht gemäß § 254 BGB
wegen eines Mitverschuldens
des Klägers ausgeschlossen.’
a)
Der Kläger war nach Meinung der Kammer nicht verpflichtet,
das Unmöglichwerden
der Rückzahlung der Anleihe durch Anfechtung des Beschluss
der Gläubigerversammlung
gemäß § 20 SchVG bzw. § 11 des Annex 2 zu verhindern. Dabei
verkennt
die Kammer nicht, dass der Sinn der durch das SchVG
eingeführten Anfechtungsmöglichkeit
weniger darin besteht, einen Rechtsschutz zu eröffnen, als
vielmehr darin,
ihn zu beschränken und ihn zu kanalisieren und dadurch
Rechtssicherheit für den
Schuldner und alle gegenwärtigen und künftigen
Anleihegläubiger zu schaffen
(Maier-Reimer, NJW 2010, 1317). Die Interessen der Beklagten
und der übrigen
Schuldner sind jedoch nach Meinung der Kammer hinreichend
dadurch gewahrt,
dass der Beschluss als solcher ohne eine Anfechtung durch
einen Gläubiger nicht
rückgängig gemacht werden kann.
Eine Anfechtung durch den Kläger hätte die Durchführung des
Beschlusses Im vorliegenden
Fall außerdem aller Voraussicht nach nicht verhindert. Es
ist davon auszugehen,
dass das OLG Köln auch bei Anhängigkeit einer
Anfechtungsklage des Klägers
gemäß § 246a AktG die Freigabe beschlossen hätte und der
Kläger deshalb
ohnehin auf Schadensersatzansprüche verwiesen gewesen wäre
(§ 246a Abs. 4
AktG i.V.m. § 20 Abs 3 SchVG bzw. § 11 Abs. 3 Annex 2).
b)
Der Vorschrift des § 246a Abs. 4 AktG kann auch keine
Sperrwirkung dergestalt entnommen
werden, dass ein Schadensersatzanspruch ausscheidet, wenn
ein Beschluss,
dessen Umsetzung einen Anspruch gemäß §§ 280, 287 BGB
auslöet, nicht,
angefochten wurde. Dies ergibt sich schon daraus, dass nicht
sicher ist, ob der Kläger
die Unwirksamkeit des Beschlusses der Gläubigerversammlung
Oberhaupt erfolgreich
hätte geltend machen können. Dass ein fälliger Anspruch des
Klägere aus
der Anleihe durch die Umsetzung des Beschlusses untergeht,
bedeutet nicht
zwangsläufig, dass dieser Beschluss Rechte des Klägers
verletzt.
III.
Ein Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 288 Abs. 1 BGB besteht
erst seit dem
18.05.2013, weil Verzug gemäß § 280 Abs. 2 Nr. 3 BGB erst
mit der Erfüllungsverweigerung
der Beklagten eingetreten ist. In dem Schreiben des Klägers
vom
10.05.2013 war eine Frist von drei Wochen gesetzt, so dass
dieses keinen unmittelbaren
Verzugseintritt begründen konnte, Seit dem Entfallen des
ursprünglichen
Rockzahlungsanspruchs folgt der Anspruch auf Verzinsung aus
§ 291 BGB.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, Die
Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO,
Streitwert: 41.320,77 €
XXX XXX XXX
GESAMT
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