16.09.2013 | UNTERNEHMEN & MÄRKTE
Aktionär klagt gegen die Solarworld-Rettung
Mindestens ein Aktionär habe Klage gegen die Sanierungsbeschlüsse der Hauptversammlung eingereicht, sagte eine Solarworld-Sprecherin und bestätigte damit Informationen des Wall Street Journals Deutschland.
von Hendrik Varnholt, Dow Jones
(ks). Die Klage sei beim zuständigen Gericht eingegangen, sie liege Solarworld aber noch nicht vor, berichtete die Sprecherin weiter. Ein Kläger ist nach eigenen Angaben der Kölner Investor Karl Walter Freitag. Der Rettungsplan des Unternehmens benachteilige die Anteilseigner gegenüber den Anleihegläubigern, sagte der streitbare Aktionär dem Wall Street Journal Deutschland.
Womöglich aber klagt nicht nur Freitag gegen die Solarworld-Rettung. Ein Sprecher des zuständigen Landgerichts Bonn sagte, es seien in den vergangenen Tagen mehrere Klagen im Zusammenhang mit Solarworld eingegangen. Er sagte zunächst aber nicht, ob es dabei um Entscheidungen der Hauptversammlung geht.
Während des außerordentlichen Aktionärstreffens Anfang August hatten die Anteilseigner mit rund 99% ihrer Stimmen für den Sanierungsplan von Solarworld-Chef Frank Asbeck votiert. Der weitaus größte Teil der Stimmen stammte allerdings von Asbeck selbst.
Doch auch alle übrigen Aktionäre sind von den Beschlüssen betroffen: Die bisherigen Solarworld-Anteilseigner sollen nach den Entscheidungen auf 95% ihres Eigentumsanteils an dem Unternehmen verzichten. Mit den Papieren will Solarworld rund 55% der Forderungen von Banken und Anleihegläubigern ablösen – und so die Bilanz sanieren. Dem Vorgehen hatten die Geldgeber schon vor dem Treffen der Aktionäre in zwei separaten Gläubigerversammlungen zugestimmt.
Ohne eine Umstrukturierung der Verbindlichkeiten droht Solarworld die Insolvenz. Mehrere Aktionäre hatten sich gleichwohl schon während der Hauptversammlung verärgert über den Rettungsplan des Solarworld-Managements gezeigt. Unter anderem eine Sonderregelung für Solarworld-Gründer Asbeck sorgte für Unmut. Ihm sollen die Gläubiger für rund 10 Mio Euro so viele Aktien verkaufen, dass er nach der Restrukturierung noch über 20,9% der Aktienanteile verfügt. Vorgesehen ist auch der Einstieg des Unternehmens Qatar Solar. Die katarische Solar-Holding soll allerdings rund 36 Mio Euro für 29% der Anteile zahlen – pro Aktie also deutlich mehr als Asbeck.
Aktionär Freitag sagte dem Wall Street Journal Deutschland, der Sanierungsplan für Solarworld verschaffe Unternehmensgründer Asbeck einen “Sondervorteil”. Gewinner der Rettung seien zudem die Anleihegläubiger. Die Aktionäre dagegen würden zur Kasse gebeten.
Asbeck selbst sieht keine Ungleichbehandlung durch den Rettungsplan. In einem Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland sagte der Solarworld-Chef Mitte August, er erhalte die Aktien “de facto nicht günstiger” als zum Beispiel der Investor aus Katar. Lediglich die Barkomponente sei niedriger. Er sei stattdessen andere Verpflichtungen eingegangen. “Ich darf meine Aktien zum Beispiel solange nicht verkaufen, bis der letzte Euro der Solarworld-Schulden bezahlt ist.” Asbeck bezeichnete in dem Interview Klagen unzufriedener Aktionäre als “kein ernstes Problem”. Während der Hauptversammlung hätten vor allem “Aktionäre, die damit kleine finanzielle Vorteile erlangen wollen”, Widersprüche angemeldet. “Das Stichwort ist ‘räuberische Aktionäre’”, sagte Asbeck.
Das wies Freitag zurück: Er sei kein räuberischer Aktionär. Vielmehr entspreche Solarworld-Chef Asbeck “dem Prototyp eines räuberischen Großaktionärs”. Freitag gilt allerdings als besonders streitbar. Er hat in der Vergangenheit immer wieder gegen Hauptversammlungsbeschlüsse von Aktiengesellschaften geklagt. Während der Aktionärstreffen macht er regelmäßig durch schonungslose Kritik auf sich aufmerksam.
Klagen gegen die Hauptversammlungsbeschlüsse könnten die Sanierung von Solarworld verzögern. Das Unternehmen hat allerdings die Möglichkeit, die HV-Entscheidungen in einem Eilverfahren gerichtlich bestätigen zu lassen. Dieses sogenannte Freigabeverfahren kann zum Beispiel dann erfolgreich sein, wenn einem Unternehmen durch eine längere Verzögerung besondere Nachteile drohen.
Solarworld drücken nach Angaben aus dem August Schulden in Höhe von rund 945 Mio Euro. Zudem verdient das Unternehmen im Geschäft mit Solarmodulen derzeit kein Geld. Die Preise sind angesichts enormer Überkapazitäten in Asien jüngst stark gesunken, in einigen Märkten schrumpft angesichts von Unsicherheiten bei der staatlichen Förderung von Solarstrom auch die Nachfrage. Solarworld lebt deshalb von der Substanz: In den vergangenen Monaten sind die flüssigen Mittel deutlich zusammengeschrumpft. Zum Ende der ersten Jahreshälfte hatte der Solarkonzern noch rund 162 Mio Euro in der Kasse und Ende des Jahres 2012 hatten die liquiden Mittel 224 Mio Euro betragen.
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