Mittwoch, 12. Februar 2014

DGAP-WpÜG: Befreiung; DE000A1YCMM2 Zielgesellschaft: SolarWorld AG; Bieter: Itom Investment S.à r.l. / Stichting Shares Itom Investment

DGAP-WpÜG: Befreiung; DE000A1YCMM2

Zielgesellschaft: SolarWorld AG; Bieter: Itom Investment S.à r.l. / Stichting Shares Itom Investment 

WpÜG-Meldung übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EQS Group AG. Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich. ---------------------------------------------------------------------------

Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 24. Januar 2014 über die Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf die SolarWorld AG, Bonn (ISIN DE0005108401)

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 24. Januar 2014 Itom Investment S.à r.l., Luxemburg, (nachfolgend die 'Antragstellerin zu 1)') und die Stichting Shares Itom Investment, Amsterdam, (nachfolgend die 'Antragstellerin zu 2)') für den Fall, dass sie in Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013 beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß §§ 35, 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den Pflichten befreit, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.

Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie folgt:

1. Die Antragsteller zu 1) und 2) werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013 beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. des Tenors des Bescheids kann gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn die Antragstellerin zu 1) weniger als die von ihr zugesagten, folgenden Sanierungsleistungen erbringt:

- Einbringung von Teildarlehensrückzahlungsforderungen gemäß dem von der Antragstellerin zu 1) mit SolarWorld AG geschlossenen Einbringungs- und Erlassvertrag in der mit E-Mail vom 21. Januar 2014 bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorgelegten Fassung in Höhe von mindestens 213.905.218,40 EUR sowie dazu gehöriger fälliger und nicht fälliger Nebenforderungen bis zum 31. März 2014

- Erlass der eingebrachten Forderungen in gleicher Höhe bis zum 31. März 2014

3. Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors des Bescheids ergeht unter folgenden Auflagen:

a) Die Antragsteller zu 1) und 2) haben als Gesamtschuldner der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gemäß Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2013 durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) nachzuweisen.

b) Die Antragstellerin zu 1) hat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Leistungen gemäß Ziffer 2. des Bescheids durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen.

4. Der Widerruf des Befreiungsbescheids nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ist vorbehalten für den Fall, dass nicht sämtliche Auflagen unter Ziffer 3. des Bescheids erfüllt werden.

Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:

A. Sachverhalt

I. Zielgesellschaft

Zielgesellschaft ist die SolarWorld AG, mit Sitz in 53175 Bonn ('Zielgesellschaft'). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 111.720.000,00 und ist eingeteilt in 111.720.000 Inhaberaktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 1. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005108401 zum Handel im regulierten Markt an der Wertpapierbörse Frankfurt am Main zugelassen.

Die Zielgesellschaft ist ein Unternehmen der Solarbranche und hat ihre Schwerpunkte in Deutschland und Italien. Die Zielgesellschaft ist die Holding-Gesellschaft der SolarWorld-Gruppe ('Gruppe'). Aufgrund der Krise in der Solar-Branche ging der Umsatz der Gruppe von rund EUR 1.305 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR 606 Mio. im Jahr 2012 zurück. Der Gewinn der Gruppe fiel von rund EUR 87,3 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR -606 Mio.

II. Antragsteller

Die Antragstellerin zu 1) ist eine unabhängige Partei im Restrukturierungsprozess. Sie ist im Rahmen des Debt-Equity-Swaps Sammel- und Abwicklungsstelle, über die die Zeichnung der Aktien für die Individual-Gläubiger erfolgen soll. Die Antragstellerin zu 2) ist alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin zu 1).

III. Restrukturierungsprozess

In einem Term-Sheet vom 12. Juni 2013 ('Term-Sheet') haben sich die Zielgesellschaft und eine große Anzahl wesentlicher Gläubiger auf ein grundsätzliches Konzept zur Refinanzierung der Zielgesellschaft verständigt. Die zu restrukturierenden Verbindlichkeiten belaufen sich danach auf insgesamt ca. EUR 930 Mio. und setzen sich im Wesentlichen zusammen aus Forderungen der Anleihegläubiger aus zwei Anleihen (insgesamt nominal EUR 550 Mio.), einem ursprünglich bei der Europäischen Investitionsbank ('EIB') aufgenommenen Darlehen in Höhe von nominal EUR 75 Mio. und aus diversen Schuldscheindarlehen. Diese Verbindlichkeiten sollen im Wesentlichen im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps in Eigenkapital umgewandelt werden. Der Debt-Equity-Swap soll dabei zum einen für die Anleihegläubiger über die WGZ Bank ('WGZ') abgewickelt werden und zum anderen für die übrigen Gläubiger über die Antragstellerin zu 1).

In Gläubigerversammlungen der Anleihegläubiger am 5. und 6. August 2013 sowie in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 7. August 2013 wurde dem Debt-Equity-Swap von den Anleihegläubigern und den Aktionären zugestimmt. Danach soll das Grundkapital der Zielgesellschaft zunächst auf EUR 744.800 herabgesetzt werden. Anschließend wird das Grundkapital der Zielgesellschaft gegen Sacheinlage der Verbindlichkeiten um EUR 14.151.200 auf EUR 14.896.000 erhöht werden. Die neuen Aktien werden dabei von WGZ und der Antragstellerin zu 1) gezeichnet und übernommen. Um wirtschaftlich eine weitere Rückführung der Verbindlichkeiten zu ermöglichen, ist vorgesehen einen Teil der neuen Aktien an einen Investor (Antragsteller zu 3)) und die Solar Holding Beteiligungsgesellschaft GmbH ('Solar Holding') zu veräußern, die ebenfalls Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist.

Die Zielgesellschaft hat sich in einer Restrukturierungsvereinbarung unter dem 6. Januar 2014 mit den Gläubigern, dem Investor (Antragsteller zu 3)), einem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor (Antragsteller zu 4)), Herrn Dr. Frank Asbeck ('Herr Asbeck') sowie der Solar Holding auf den konkreten Ablauf der Restrukturierung geeinigt ('Restrukturierungsvereinbarung'). Zusammen mit der Restrukturierungsvereinbarung wurde ein Aktienkaufvertrag zwischen Herrn Asbeck, der Solar Holding, der WGZ und der Antragstellerin zu 1) geschlossen, nach dem die Solar Holding von der WGZ und der Antragstellerin zu 1) insgesamt 2.904.720 Aktien der Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis von EUR 9,75 Mio. erwerben soll ('MIP-Vertrag'). Dieser Kaufvertrag dient zum einen der teilweisen Rückführung der Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft und zum anderen der Motivation des Vorstandsvorsitzenden, weiter für die Zielgesellschaft tätig zu sein. Gleichzeitig wird zwischen dem Investor (Antragsteller zu 3)), der WGZ und der Antragstellerin zu 1) ein Aktienkaufvertrag geschlossen, nach dem der Investor 4.319.840 Aktien zu einem Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe erwirbt ('NIK-Vertrag'). Im Rahmen der Restrukturierungsvereinbarung wurde zudem eine Aktionärsvereinbarung zwischen dem Investor, Herrn Asbeck, Solar Holding und der Antragstellerin zu 1) geschlossen ('Aktionärsvereinbarung'). Diese sieht insbesondere vor, dass sich die Parteien der Aktionärsvereinbarung über die Abwahl des bestehenden Aufsichtsrats verständigen. Dabei sollen drei Aufsichtsratsmitglieder von der Antragstellerin zu 1) und drei Aufsichtsratsmitglieder von dem Investor und Herrn Asbeck vorgeschlagen werden. Die Aktionärsvereinbarung tritt frühestens mit der dinglichen Übertragung der Aktien nach dem MIP- und NIK-Vertrag und der Gewährung der Befreiung nach § 37 WpÜG in Kraft.

Mit der Restrukturierungsvereinbarung wurde auch ein Super Senior Kreditvertrag mit dem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor (Antragsteller zu 4)) abgeschlossen ('Super Senior Facility'), nach dem dieser der Zielgesellschaft ein Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellt.

IV. Sanierungsgutachten

Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat im Auftrag der Zielgesellschaft ein Sanierungsgutachten für die Zielgesellschaft und die Gruppe nach dem Standard IDW ES 6 n.F. erstellt ('Sanierungsgutachten'), der erste Entwurf stammt vom 01. Februar 2013, das finale Gutachten wurde am 17. Januar 2014 vorgelegt. Ausgangspunkt der Arbeiten der Gutachter war das vom Vorstand der Zielgesellschaft vorgelegte Unternehmenskonzept der Zielgesellschaft, wobei die im Unternehmenskonzept beschriebenen Maßnahmen der Zielgesellschaft dahingehend analysiert und beurteilt wurden, ob sie grundsätzlich für eine erfolgreiche Krisenabwendung geeignet erscheinen (Sanierungsfähigkeit). Zu diesem Zweck wurde die Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft untersucht und ihre mittel- bis langfristige Überlebensfähigkeit sowie die im Unternehmenskonzept aufgeführten Maßnahmen analysiert.

V. Leistungen der Antragsteller

Die Antragstellerin zu 1) legt die an sie abgetretenen Forderungen der Individualgläubiger in Höhe von insgesamt rund EUR 213,905 Mio. durch Erlass gemäß Einbringungs- und Erlassvertrag mit der Solarworld AG ('Einbringungs-Vertrag') ein. In der Restrukturierungsvereinbarung ist vorgesehen, dass die Einbringung auf das Eintreten des 'Effective Date', also das Vorliegen aller aufschiebenden Bedingungen gemäß § 17 Abs. 1) der Restrukturierungsvereinbarung bedingt ist. Ziffer 3.1 des Einbringungs-Vertrags stellt die Einbringung der Forderungen unter die aufschiebende Bedingung der Eintragung der Kapitalerhöhung in dem von der Hauptversammlung beschlossenen Umfang. Die Antragstellerin zu 1) wird hierzu im Rahmen der Kapitalerhöhung mindestens 5.927.126 Stück Aktien der Solarworld AG zeichnen. Damit erzielte sie eine Beteiligungsquote von rund 40 % an der Zielgesellschaft.

Leistungen der Antragstellerin zu 1) kommen insoweit der Antragstellerin zu 2) zu Gute. Sie nimmt über ihre unmittelbare Beteiligung an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1) mit den Sanierungsbeiträgen eingeht, zumindest auch teil.

VI. Antragstellung

Die Antragsteller haben am 19. November 2013 beantragt, im Hinblick auf die beabsichtigte Erlangung der Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit zu werden. Zur Begründung wird angeführt, dass die Zielgesellschaft sanierungsbedürftig sei und die nachhaltige Sanierung nur unter Einbindung der Antragsteller möglich erscheine. Zum Beleg für die Krise haben die Antragsteller auch auf die Ad-hoc-Mitteilungen der Zielgesellschaft vom 24. Januar, 17. und 29. April, 18. Juni und 11. November 2013 verwiesen.

B. Entscheidungsgründe

I. Zulässigkeit

Der Antrag ist zulässig.

Ein Antrag nach § 37 WpÜG ist gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung bereits vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft möglich. Die Kontrollerlangung durch die Antragsteller zu 1) und 2) ist nach Ansicht der BaFin wahrscheinlich. Mit Eintragung der Kapitalerhöhung gegen Einlage eines Teils der Schuldscheinforderungen wird die Antragstellerin zu 1) 5.957.126 Stückaktien der Zielgesellschaft erlangen, was dann rund 40 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft entspricht. Soweit der Stimmrechtsanteil der Antragsteller zu 1) und 2) an der Zielgesellschaft infolge der Durchführung der MIP- und NIK-Geschäfte auf ungefähr 22,05 % absinkt, wird dies durch den gleichzeitigen Beginn des abgestimmten Verhaltens nach § 30 Abs. 2 WpÜG gemäß der Aktionärsvereinbarung kompensiert.

Ab diesem Zeitpunkt werden den Antragstellern zu 1) und 2) die Stimmrechtsanteile jeweils der anderen Parteien zugerechnet. Zusammen mit dem Stimmrechtsanteil des Investors iHv 29 % und dem der Solar Holding iHv 19,56 % ergäbe sich insgesamt ein Stimmrechtsanteil von rund 70,61 % für die Antragsteller zu 1) und 2), zuzüglich des Anteils aus etwaigen noch von Herrn Asbeck persönlich gehaltenen Aktien. Damit erlangen die Antragsteller zu 1) und 2) mit Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung nach Ansicht der BaFin die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.

II. Begründetheit

Die Anträge der Antragsteller zu 1) und 2) sind auch begründet. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsteller sowie der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß § 37 WpÜG iVm § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft im Rahmen der Umsetzung der Restrukturierungsvereinbarung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sanierungsbefreiung liegen mit Bezug auf die der Antragsteller zu 1) und 2) vor. Eine Sanierungsbefreiung kann erteilt werden wenn die Zielgesellschaft ein Sanierungsfall ist, die Sanierung nach einem plausiblen Sanierungskonzept erfolgen soll und die kontrollerlangenden Antragsteller eine wesentliche eigene Sanierungsleistung erbringen.

1. Sanierungsfall

Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, da bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen. Die bestandsgefährdenden Risiken ergeben sich aus der bei Ausbleiben der finanziellen Sanierung drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft im laufenden Jahr 2014. Nach dem Ergebnis des Sanierungsgutachtens ist die Belastung der Zielgesellschaft durch die bestehende Finanzierung nicht tragbar. Bei einem Bruch der vereinbarten Zusagen in den Darlehensverträgen (Covenants), der derzeit zu vermuten ist, drohen zudem Kündigungen der Darlehensverträge, die unmittelbar zu einer Gefährdung der Zahlungsfähigkeit führen können.

Dies reicht für die Annahme eines Sanierungsfalles, da jeder der genannten Gesichtspunkte - jedenfalls aber alle zusammen - den Sanierungsfall begründet.

2. Sanierungskonzept

Das vorgelegte Sanierungskonzept ist nach Prüfung durch die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft plausibel; es ist in der vorliegenden Form geeignet, die bestandsgefährdenden Risiken zu beseitigen und so die Sanierung der Zielgesellschaft zu gewährleisten.

An die Feststellungen der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 bestätigt, dass die Zielgesellschaft auf der Basis des Sanierungskonzepts sanierungsfähig ist, also über eine Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB hinaus durch geeignete Maßnahmen wieder nachhaltig wettbewerbs- und renditefähig werden kann. Dies wird auch im Sanierungsgutachten bestätigt. Das derzeit negative Eigenkapital der Zielgesellschaft wird durch den Debt-Equity-Swap erhöht und unter Berücksichtigung gegenläufiger bilanzieller Effekte auf EUR 363 Mio. gebracht. Auch die Liquidität der Zielgesellschaft ist gewährleistet.

Die Aussagen zu den Erfolgsaussichten der Zielgesellschaft am Markt können zwar von der BaFin nicht überprüft werden, diese sieht jedoch keinen Grund, an den Aussagen der unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu zweifeln.

3. Sanierungsbeiträge

Die Antragsteller zu 1) und 2) erbringen im Rahmen des Sanierungskonzepts einen eigenen, erheblichen Sanierungsbeitrag. a) Antragstellerin zu 1)

Die Antragstellerin zu 1) erbringt ihre Einlageleistung für die zu beziehenden neuen Stückaktien der Solarworld AG durch Einlage von Forderungen in Höhe von rund EUR 213,095 Mio. Dies stellt ein Sanierungsbeitrag dar, auch wenn die Antragstellerin zu 1) die Forderungen nicht zu Beginn der Krise gehalten hat, sondern erst im Rahmen der Umsetzung des Sanierungskonzeptes abgetreten erhält. Die Bündelung der Ansprüche der Individualgläubiger ist ein bereits im Term-Sheet vorgesehener Teil der Sanierungsmaßnahmen und ist notwendig, weil sie der Gleichbehandlung aller Individualgläubiger bei der Verwertung der Aktien einen einheitlichen Rahmen gibt. Damit schafft die Übertragung der Forderungen auf die Antragstellerin zu 1) die Voraussetzungen dafür, die Veräußerung an den Investor und an Solar Holding geordnet vorzunehmen. Zum einen ist sichergestellt, dass jeder Gläubiger seine Forderungen im gleichen Teil einlegen kann. Zum Anderen kann so jeder Gläubiger wirtschaftlich den gleichen Teil seiner Aktien an den Investor und an Solar Holding verkaufen, wie in der Restrukturierungsvereinbarung beschrieben. Hinzu kommt, dass mit dem Verkauf im Paket verbunden ist, dass der Kurs der Zielgesellschaft nicht durch eine hohe Anzahl zu verkaufender Aktien einem hohen Druck ausgesetzt wird. Eine Absicherung dagegen, dass nach dem Wirksamwerden der Sanierungsmaßnahmen der Kurs der Zielgesellschaft allein deswegen stark nachgibt, weil es zu einer großen Verkaufswelle kommt, ist geeignet, die Bereitschaft zur Beteiligung an der Sanierung zu erhöhen. Die gleichen Gedanken lassen sich auf eine sich möglicherweise anschließende Verwertung der von der Antragstellerin zu 1) gehaltenen Aktien durch Verkauf derselben übertragen.

b) Antragstellerin zu 2)

Leistungen der Antragstellerin zu 1) kommen insoweit der Antragstellerin zu 2) zu Gute. Sie nimmt über ihre unmittelbare Beteiligung an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1) mit den Sanierungsbeiträgen eingeht, zumindest auch teil.

III. Ermessen

Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Für eine Abwägung der Interessen der Antragstellerinnen mit denen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei Vorliegen eines Tatbestands aus § 9 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich vom Vorrang der Interessen der (potentiellen) Bieter auszugehen. Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was grundsätzlich im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft liegt, da sie ansonsten die Folge einer drohenden Insolvenz der Zielgesellschaft zu tragen hätten.

Die Aktienbeteiligungen der Zielgesellschaft werden durch den Kapitalschnitt bereits erheblich entwertet und durch die beabsichtigte Kapitalerhöhung zusätzlich verwässert. Insoweit tragen die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft einen erheblichen Teil der in der Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mit; zudem spiegelt sich der Wertverlust durch die Entwicklung des Börsenkurses ihres Aktienbesitzes wieder. Allerdings profitieren auch die außenstehenden Aktionäre letztlich von der Sanierung der Zielgesellschaft, sofern diese gelingt. Insofern besteht auch für die außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG seitens der Antragstellerinnen zu rechtfertigen.

Da die Antragsteller zu 1) und 2) im Rahmen der Sanierung durch ihre erheblichen Sanierungsbeiträge zum Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus noch ein Pflichtangebot unterbreiten zu müssen, das ihnen zusätzliche finanzielle Belastungen in einem erheblichen Umfang auferlegen würde. Ihre Sanierungsbeiträge sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich zu erteilen, wenngleich diese Befreiung auch mit Nebenbestimmungen zu versehen ist.

Hierzu entgegenstehende Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, denen unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung zudem ein besonderes Gewicht zukommen müsste, sind - abgesehen von dem Interesse, an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben - nicht erkennbar.

IV. Widerrufsvorbehalt und Auflagen

Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Bescheids ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt ist insbesondere verhältnismäßig, da er im Vergleich zur auflösenden Bedingung ein milderes Mittel ist, um notfalls alternative Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder die Frist für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen verlängern zu können.

Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Bescheids ist § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.

Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 4 des Bescheids erfolgt für den Fall, dass die Auflagen nicht erfüllt werden. Er ist insbesondere deswegen verhältnismäßig, weil bereits § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ein gesetzliches Widerrufsrecht vorsieht und der Widerrufsvorbehalt daher deklaratorisch ist.

Ende der WpÜG-Meldung

31.01.2014 Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. DGAP-Medienarchive unter www.dgap-medientreff.de und www.dgap.de --------------------------------------------------------------------------- Notiert: Notiert: Regulierter Markt Berlin, Düsseldorf und Frankfurt (Prime Standard); Freiverkehr in Hamburg, Hannover, München und Stuttgart



Quelle: dpa

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