DGAP-WpÜG: Befreiung; SolarWorld AG
Zielgesellschaft: SolarWorld AG; Bieter: Solar Holding Beteiligungsgesellschaft mbH
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Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 21. Januar 2014 über die Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf die SolarWorld AG, Bonn (ISIN DE0005108401)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 21. Januar 2014 Herrn Dr. Ing. E.h. Frank Asbeck, Bonn, (nachfolgend die 'Antragsteller zu 7)') und die Solar Holding Beteiligungsgesellschaft mbH, Bonn (nachfolgend die 'Antragstellerin zu 8)') für den Fall, dass sie in Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013 beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn, gemäß §§ 35, 29 Abs. 2, 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den Pflichten befreit, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie folgt:
1. Die Antragsteller zu 7) und 8) werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in Folge der Durchführung der von der Hauptversammlung am 07. August 2013 beschlossenen Kapitalerhöhung und des Abschlusses eines Abkommens über abgestimmtes Verhalten bei der SolarWorld AG, Bonn gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 2 WpÜG die Kontrolle über die SolarWorld AG erlangen, von den Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 2 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids kann gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn einer oder beide der Antragsteller zu 7) und 8) weniger als die von ihnen zugesagten, folgenden Sanierungsleistungen erbringen:
a) für den Antragsteller zu 7):
- Verzicht auf die Rechte aus dem von der Antragstellerin zu 8) mit der SolarWorld AG geschlossenen Vertrag über die Geschäftsanteile der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle' gemäß Verzichtserklärung vom 17. Juni 2013
- Verzicht auf die Bezüge als Vorstand der SolarWorld AG für die Jahre 2012 und 2013.
b) für die Antragstellerin zu 8):
- Erwerb von insgesamt 2.904.720 Stück Aktien an der SolarWorld AG nach Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gemäß Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2014 von der Itom Investment S.à r.l. und der WGZ Bank AG Westdeutsche Genossenschaftszentralbank gegen Zahlung von mindestens 9,75 Mio. EUR bis zum 31. März 2014
- Verzicht auf die Rechte aus dem mit der SolarWorld AG geschlossenen Vertrag über die Geschäftsanteile der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle' gemäß Verzichtserklärung des Antragstellers zu 7) vom 17. Juni 2013
3. Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids ergeht unter folgenden Auflagen:
a) Die Antragsteller zu 7) und 8) haben als Gesamtschuldner der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gemäß Beschluss der Hauptversammlung der SolarWorld AG vom 07. August 2013 durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) nachzuweisen.
b) Die Antragstellerin zu 8) hat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die Leistung gemäß Ziffer 2. b) erster Spiegelstrich durch Vorlage geeigneter Unterlagen (Kaufvertrag, Depotauszug) nachzuweisen.
4. Der Widerruf des Befreiungsbescheids nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ist vorbehalten für den Fall, dass nicht sämtliche Auflagen unter Ziffer 3. des Bescheids erfüllt werden.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
A. Sachverhalt
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die SolarWorld AG, mit Sitz in 53175 Bonn ('Zielgesellschaft'). Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 111.720.000,00 und ist eingeteilt in 111.720.000 Inhaberaktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 1. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005108401 zum Handel im regulierten Markt an der Wertpapierbörse Frankfurt am Main zugelassen.
Die Zielgesellschaft ist ein Unternehmen der Solarbranche und hat ihre Schwerpunkte in Deutschland und Italien. Die Zielgesellschaft ist die Holding-Gesellschaft der SolarWorld-Gruppe ('Gruppe'). Aufgrund der Krise in der Solar-Branche ging der Umsatz der Gruppe von rund EUR 1.305 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR 606 Mio. im Jahr 2012 zurück. Der Gewinn der Gruppe fiel von rund EUR 87,3 Mio. im Jahr 2010 auf rund EUR -606 Mio.
II. Antragsteller
Der Antragsteller zu 7) ist Vorstandsvorsitzender, Gründer und Großaktionär der Zielgesellschaft, er ist zudem Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der Antragstellerin zu 8). Die Antragstellerin zu 8) ist gemeinsam mit der Zielgesellschaft Gesellschafterin der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle', welche wiederum Vermieterin des von der Zielgesellschaft genutzten Gewerbegrundstücks ist.
III. Restrukturierungsprozess
In einem Term-Sheet vom 12. Juni 2013 ('Term-Sheet') haben sich die Zielgesellschaft und eine große Anzahl wesentlicher Gläubiger auf ein grundsätzliches Konzept zur Refinanzierung der Zielgesellschaft verständigt. Die zu restrukturierenden Verbindlichkeiten belaufen sich danach auf insgesamt ca. EUR 930 Mio. und setzen sich im Wesentlichen zusammen aus Forderungen der Anleihegläubiger aus zwei Anleihen (insgesamt nominal EUR 550 Mio.), einem ursprünglich bei der Europäischen Investitionsbank ('EIB') aufgenommenen Darlehen in Höhe von nominal EUR 75 Mio. und aus diversen Schuldscheindarlehen. Diese Verbindlichkeiten sollen im Wesentlichen im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps in Eigenkapital umgewandelt werden. Der Debt-Equity-Swap soll dabei zum einen für die Anleihegläubiger über die WGZ Bank ('WGZ') abgewickelt werden und zum anderen für die übrigen Gläubiger über die Itom Investment S.à r.l., die ebenfalls Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist ('HoldCo').
In Gläubigerversammlungen der Anleihegläubiger am 5. und 6. August 2013 sowie in der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 7. August 2013 wurde dem Debt-Equity-Swap von den Anleihegläubigern und den Aktionären zugestimmt. Danach soll das Grundkapital der Zielgesellschaft zunächst auf EUR 744.800 herabgesetzt werden. Anschließend wird das Grundkapital der Zielgesellschaft gegen Sacheinlage der Verbindlichkeiten um EUR 14.151.200 auf EUR 14.896.000 erhöht werden. Die neuen Aktien werden dabei von WGZ und HoldCo gezeichnet und übernommen. Um wirtschaftlich eine weitere Rückführung der Verbindlichkeiten zu ermöglichen, ist vorgesehen einen Teil der neuen Aktien an einen Investor (Antragsteller zu 3)) und die Antragstellerin zu 8) zu veräußern.
Die Zielgesellschaft hat sich in einer Restrukturierungsvereinbarung unter dem 6. Januar 2014 mit den Gläubigern, dem Investor (Antragsteller zu 3)), einem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor (Antragsteller zu 4)) und den Antragstellern zu 7) und 8) auf den konkreten Ablauf der Restrukturierung geeinigt ('Restrukturierungsvereinbarung'). Zusammen mit der Restrukturierungsvereinbarung wurde ein Aktienkaufvertrag zwischen der WGZ, HoldCo und den Antragstellern zu 7) und 8) geschlossen, nach dem die Antragstellerin zu 8) von WGZ und HoldCo insgesamt 2.904.720 Aktien der Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis von EUR 9,75 Mio. erwerben soll ('MIP-Vertrag'). Dieser Kaufvertrag dient zum einen der teilweisen Rückführung der Verbindlichkeiten der Zielgesellschaft und zum anderen der Motivation des Vorstandsvorsitzenden, weiter für die Zielgesellschaft tätig zu sein. Gleichzeitig wird zwischen WGZ, HoldCo und dem Investor (Antragsteller zu 3)) ein Aktienkaufvertrag geschlossen, nach dem der Investor 4.319.840 Aktien zu einem Kaufpreis in zweistelliger Millionenhöhe erwirbt ('NIK-Vertrag'). Im Rahmen der Restrukturierungsvereinbarung wurde zudem eine Aktionärsvereinbarung zwischen dem Investor, der HoldCo und den Antragstellern zu 7) und 8) geschlossen ('Aktionärsvereinbarung'). Diese sieht insbesondere vor, dass sich die Parteien der Aktionärsvereinbarung über die Abwahl des bestehenden Aufsichtsrats verständigen. Dabei sollen drei Aufsichtsratsmitglieder von der HoldCo und drei Aufsichtsratsmitglieder von dem Investor und dem Antragsteller zu 7) vorgeschlagen werden. Die Aktionärsvereinbarung tritt frühestens mit der dinglichen Übertragung der Aktien nach dem MIP- und NIK-Vertrag und der Gewährung der Befreiung nach § 37 WpÜG in Kraft.
Mit dem Rahmenvertrag wurde auch ein Super Senior Kreditvertrag mit dem Gemeinschaftsunternehmen der Zielgesellschaft und dem Investor (Antragsteller zu 4)) abgeschlossen ('Super Senior Facility'), nach dem dieser der Zielgesellschaft ein Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellt.
IV. Sanierungsgutachten
Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat im Auftrag der Zielgesellschaft ein Sanierungsgutachten für die Zielgesellschaft und die Gruppe nach dem Standard IDW ES 6 n.F. erstellt ('Sanierungsgutachten'), der erste Entwurf stammt vom 01. Februar 2013, das finale Gutachten wurde am 17. Januar 2014 vorgelegt. Ausgangspunkt der Arbeiten der Gutachter war das vom Vorstand der Zielgesellschaft vorgelegte Unternehmenskonzept der Zielgesellschaft, wobei die im Unternehmenskonzept beschriebenen Maßnahmen der Zielgesellschaft dahingehend analysiert und beurteilt wurden, ob sie grundsätzlich für eine erfolgreiche Krisenabwendung geeignet erscheinen (Sanierungsfähigkeit). Zu diesem Zweck wurde die Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft untersucht und ihre mittel- bis langfristige Überlebensfähigkeit sowie die im Unternehmenskonzept aufgeführten Maßnahmen analysiert.
V. Leistungen der Antragsteller
Die Antragstellerin zu 8) wird selbst keine Aktien zeichnen, sondern diese (2.904.720 Stück) von WGZ und HoldCo zu einem Kaufpreis von insgesamt EUR 9,75 Mio. erwerben. Der damit verbundene Stimmrechtsanteil von rund 19,56 % wird dem Antragsteller zu 7) gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, § 290 Abs. 1 Nr. 1 HGB zugerechnet. Dieser hat als Sanierungsleistung erklärt, seinen Einfluss auf die Antragstellerin zu 8) dahingehend geltend zu machen, dass diese einen Verzicht auf die Rechte aus dem Vertrag vom 19. April 2010, geändert am 9. Dezember 2010, über Geschäftsanteile an der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle' erklärt ('Vertrag Auermühle'). Weiter hat der Antragsteller zu 7) den Verzicht auf seine Bezüge als Vorstand der Zielgesellschaft für die Jahre 2012 und 2013 erklärt. Er macht darüber hinaus geltend, durch den Verbleib im Vorstand der Zielgesellschaft einen Sanierungsbeitrag zu leisten. Beide Antragsteller führen an, auch durch die Teilnahme an dem Kapitalschnitt einen Sanierungsbeitrag zu erbringen.
VI. Antragstellung
Die Antragsteller haben am 19. November 2013 beantragt, im Hinblick auf die beabsichtigte Erlangung der Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit zu werden. Zur Begründung wird angeführt, dass die Zielgesellschaft sanierungsbedürftig sei und die nachhaltige Sanierung nur unter Einbindung der Antragsteller in die oben beschriebenen Maßnahmen möglich erscheine. Insofern werde die Sanierung der Zielgesellschaft verfolgt. Diese habe zu einem nicht durch Kosteneinsparungsmaßnahmen kompensierbaren Umsatz- und Gewinneinbruch geführt. Auch sei die Verschuldung der Zielgesellschaft zu hoch. Zum Beleg für die Krise haben die Antragsteller auch auf die Ad-hoc-Mitteilungen der Zielgesellschaft vom 24. Januar, 17. und 29. April, 18. Juni und 11. November 2013 verwiesen.
B. Entscheidungsgründe
I. Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Ein Antrag nach § 37 WpÜG ist gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung bereits vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft möglich. Die Antragsteller zu 7) und 8) hielten im Zeitpunkt der Antragstellung einen Stimmrechtsanteil von zusammen ca. 26,24%. Die Kontrollerlangung durch die HoldCo ist nach Ansicht der BaFin wahrscheinlich. Mit Eintragung der Kapitalerhöhung gegen Einlage eines Teils der Schuldscheinforderungen wird die HoldCo 5.957.126 Stückaktien der Zielgesellschaft erlangen, was dann rund 40% der Stimmrechte der Zielgesellschaft entspricht. Mit Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung beginnt das abgestimmte Verhalten im Sinne von § 30 Abs. 2 WpÜG gemäß der Aktionärsvereinbarung. Ab diesem Zeitpunkt werden den Antragstellern zu 7) und 8) die Stimmrechtsanteile jeweils der anderen Parteien zugerechnet. Zusammen mit dem Stimmrechtsanteil der HoldCo nach Durchführung von MIP-Vertrag und NIK-Vertrag (22,05%) und dem Stimmrechtsanteil des Investors (29%) ergäbe sich insgesamt ein Stimmrechtsanteil der Parteien der Aktionärsvereinbarung von rund 70,61%. Damit erlangen die Antragsteller zu 7) und zu 8) mit Inkrafttreten der Aktionärsvereinbarung nach Ansicht der BaFin die Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
II. Begründetheit
Die Anträge der Antragsteller zu 7) und 8) sind auch begründet. Die Antragsteller zu 7) und 8) sind unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsteller sowie der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß § 37 WpÜG iVm § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft im Rahmen der Umsetzung der Restrukturierungsvereinbarung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sanierungsbefreiung liegen mit Bezug auf die der Antragsteller zu 7) und 8) vor. Eine Sanierungsbefreiung kann erteilt werden wenn die Zielgesellschaft ein Sanierungsfall ist, die Sanierung nach einem plausiblen Sanierungskonzept erfolgen soll und die kontrollerlangenden Antragsteller eine wesentliche eigene Sanierungsleistung erbringen.
1. Sanierungsfall
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, da bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB bestehen. Die bestandsgefährdenden Risiken ergeben sich aus der bei Ausbleiben der finanziellen Sanierung drohenden Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft im laufenden Jahr 2014. Nach dem Ergebnis des Sanierungsgutachtens ist die Belastung der Zielgesellschaft durch die bestehende Finanzierung nicht tragbar. Bei einem Bruch der vereinbarten Zusagen in den Darlehensverträgen (Covenants), der derzeit zu vermuten ist, drohen zudem Kündigungen der Darlehensverträge, die unmittelbar zu einer Gefährdung der Zahlungsfähigkeit führen können.
Dies reicht für die Annahme eines Sanierungsfalles, da jeder der genannten Gesichtspunkte - jedenfalls aber alle zusammen - den Sanierungsfall begründet. Auf die von den Antragstellern zudem vorgetragene Zahlungsunfähigkeit in den Jahren 2016 und 2017 kommt es hingegen nicht an, da diese nicht hinreichend konkret ist.
2. Sanierungskonzept
Das vorgelegte Sanierungskonzept ist nach Prüfung durch die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft plausibel; es ist in der vorliegenden Form geeignet, die bestandsgefährdenden Risiken zu beseitigen und so die Sanierung der Zielgesellschaft zu gewährleisten.
An die Feststellungen der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 bestätigt, dass die Zielgesellschaft auf der Basis des Sanierungskonzepts sanierungsfähig ist, also über eine Fortführungsprognose nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB hinaus durch geeignete Maßnahmen wieder nachhaltig wettbewerbs- und renditefähig werden kann. Dies wird auch im Sanierungsgutachten bestätigt. Das derzeit negative Eigenkapital der Zielgesellschaft wird durch den Debt-Equity-Swap erhöht und unter Berücksichtigung gegenläufiger bilanzieller Effekte auf EUR 363 Mio. gebracht. Auch die Liquidität der Zielgesellschaft ist gewährleistet.
Die Aussagen zu den Erfolgsaussichten der Zielgesellschaft am Markt können zwar von der BaFin nicht überprüft werden, diese sieht jedoch keinen Grund, an den Aussagen der unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu zweifeln.
3. Sanierungsbeiträge
Die Antragsteller zu 7) und 8) erbringen im Rahmen des Sanierungskonzepts einen eigenen, erheblichen Sanierungsbeitrag.
a) Antragsteller zu 7)
Der Antragsteller zu 7) hat sich mit Schreiben vom 17. Juni 2013 verpflichtet, neben der allgemeinen Mitwirkung am Sanierungskonzept seinen Einfluss auf die Antragstellerin zu 8) dahingehend geltend zu machen, dass diese das Kaufangebot der Zielgesellschaft in Bezug auf 45% der Geschäftsanteile der 'SolarWorld AG & Solar Holding GmbH in GbR Auermühle' nicht annimmt. Hierdurch wird der Zielgesellschaft der Kaufpreis erspart, der ihr demnach als Liquidität zur Verfügung steht. Zwar ist zu beachten, dass die Zielgesellschaft mit Annahme des Kaufangebots auch Mietzahlungen ersparen würde. Gleichwohl kann es als Vorteil für die Zielgesellschaft gesehen werden, dies nicht zu tun. Denn in einer Phase angespannter Liquidität erscheint es vertretbar, den Erhalt des Zahlungsmittelbestandes höher anzusetzen als eine frühestens in 10 Jahren rentable Investition in ein Betriebsgrundstück.
Die Teilnahme an dem Kapitalschnitt stellt keinen zu berücksichtigenden Sanierungsbeitrag dar, denn diesen Beitrag erbringen auch die anderen Aktionäre der Zielgesellschaft.
Im Verbleib des Antragstellers zu 7) liegt ebenfalls kein Sanierungsbeitrag. Zwar kann es sich als positiv darstellen, wenn der Zielgesellschaft weiterhin erfahrenes Führungspersonal zur Verfügung steht. Jedoch steht eine solche Maßnahme im Austauschverhältnis zu den Ansprüchen der Leitungsperson auf Vergütung. Insoweit kann nur der erklärte Verzicht des Antragstellers zu 7) auf Vergütung durch die Zielgesellschaft einen Sanierungsbeitrag darstellen. Da dieser jedoch nur für die Jahre 2012 und 2013 abgeschlossen ist und bezüglich des Jahres 2014 unklar ist, inwieweit der Verzicht gelten solle (Bedingung für den Verzicht ist, dass die Zielgesellschaft keinen Gewinn erwirtschaftet), kann nur der Verzicht für die Jahre 2012 und 2013 voll berücksichtigt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Verzicht für das Jahr 2012 bereits vor Erstellung des Sanierungskonzepts einen Bezug zu diesem hatte. Ob der Verzicht im Hinblick auf die Schulden der Zielgesellschaft für sich genommen wesentlich ist, kann dahinstehen, denn die wesentlichen Leistungen der Antragstellerin zu 8) kommen dem Antragsteller zu 7) zugute. Er nimmt über seine unmittelbare Beteiligung an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 8) mit den Sanierungsbeiträgen eingeht, zumindest auch Teil. Damit erbringt auch er einen wesentlichen Sanierungsbeitrag.
b) Antragstellerin zu 8)
Zwar stellt der reine Ankauf von Aktien an sich keinen Sanierungsbeitrag dar. Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass das Sanierungskonzept ausdrücklich die Veräußerung von Aktien an die Antragsteller vorsieht. Weiter ist vorgesehen, dass die Restrukturierungsgläubiger durch die Veräußerung von Aktien eine teilweise Rückführung der Verbindlichkeiten erreichen. Zwar könnte die Veräußerung der Aktien auch an außenstehende Dritte erfolgen. Neben dem Umstand, dass bei einer zu veräußernden Beteiligung von 19,5% der Aktien der Zielgesellschaft der Verkauf an einen Käufer im Paket leichter ist als eine Veräußerung am Markt, spricht aus Sicht der Gläubiger für eine Veräußerung an die Antragsteller zu 7) und 8), dass diese sich auch auf eine Durchführung des Sanierungskonzepts verpflichtet haben. Insoweit stellt die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises von EUR 9,75 Mio. eine beachtliche Leistung im Rahmen der Sanierung dar. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Ausgabebetrag der Aktien in der Sacheinlage mit EUR 1,00 festgesetzt wird.
III. Ermessen
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Für eine Abwägung der Interessen der Antragstellerinnen mit denen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei Vorliegen eines Tatbestands aus § 9 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich vom Vorrang der Interessen der (potentiellen) Bieter auszugehen. Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was grundsätzlich im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft liegt, da sie ansonsten die Folge einer drohenden Insolvenz der Zielgesellschaft zu tragen hätten.
Die Aktienbeteiligungen der Zielgesellschaft werden durch den Kapitalschnitt bereits erheblich entwertet und durch die beabsichtigte Kapitalerhöhung zusätzlich verwässert. Insoweit tragen die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft einen erheblichen Teil der in der Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mit; zudem spiegelt sich der Wertverlust durch die Entwicklung des Börsenkurses ihres Aktienbesitzes wieder. Allerdings profitieren auch die außenstehenden Aktionäre letztlich von der Sanierung der Zielgesellschaft, sofern diese gelingt. Insofern besteht auch für die außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG seitens der Antragstellerinnen zu rechtfertigen.
Da die Antragsteller zu 7) und 8) im Rahmen der Sanierung durch ihre erheblichen Sanierungsbeiträge zum Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus noch ein Pflichtangebot unterbreiten zu müssen, das ihnen zusätzliche finanzielle Belastungen in einem erheblichen Umfang auferlegen würde. Ihre Sanierungsbeiträge sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung grundsätzlich zu erteilen, wenngleich diese Befreiung auch mit Nebenbestimmungen zu versehen ist.
Hierzu entgegenstehende Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, denen unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung zudem ein besonderes Gewicht zukommen müsste, sind - abgesehen von dem Interesse, an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben - nicht erkennbar.
IV. Widerrufsvorbehalt und Auflagen
Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Bescheids ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt ist insbesondere verhältnismäßig, da er im Vergleich zur auflösenden Bedingung ein milderes Mittel ist, um notfalls alternative Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder die Frist für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen verlängern zu können.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Bescheids ist § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.
Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 4 des Bescheids erfolgt für den Fall, dass die Auflagen nicht erfüllt werden. Er ist insbesondere deswegen verhältnismäßig, weil bereits § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG ein gesetzliches Widerrufsrecht vorsieht und der Widerrufsvorbehalt daher deklaratorisch ist.
Ende der WpÜG-Meldung
30.01.2014 Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen. DGAP-Medienarchive unter www.dgap-medientreff.de und www.dgap.de
Notiert: Regulierter Markt Berlin, Regulierter Markt Düsseldorf, Regulierter Markt Frankfurt Prime Standard, Freiverkehr in Berlin, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart
ISIN DE000A1YCMM
AXC0190 2014-01-30/14:40
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